Das Bundesarbeitsgericht hat zum Ende dieses Jahres (30.11.2021, Az.: 9 AZR 225/21) noch einmal eine weitreichende Entscheidung für Arbeitnehmer getroffen, die auch jeder Arbeitgeber kennen sollte.
Konkret ging es darum, ob der Arbeitgeber berechtigt ist, den Urlaubsanspruch anteilig zu kürzen, wenn der jeweilige Arbeitnehmer sich in der sogenannten Kurzarbeit Null befindet und vollständig von der Arbeitspflicht befreit war oder noch ist. Dass von der Entscheidung viele Betriebe betroffen sind, liegt auf der Hand. In den letzten beiden Jahren kam es vermehrt zurKurzarbeit Null aufgrund der Auswirkungen der Covid-19 Pandemie. Trotz der immer lauter werdenden Frage, ob es rechtlich möglich ist, den Urlaubsanspruch zu kürzen, musste bislang immer geantwortet werden, dass es keine gesetzliche Regelung und auch keine nationale höchstrichterliche Rechtsprechung gibt, die für einen solchen Fall für Rechtssicherheit sorgt. Dass eine Kürzung denkbar ist, hatte bislang nur der Europäische Gerichtshof (EuGH) geurteilt (Urt. v. 08.11.2012, Az.: C-229/11 und C-230/11). Demnach stehe Unionsrecht nationalen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten nicht entgegen, nach denen sich der Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub im Verhältnis zur Arbeitszeitverkürzung verringert (sog. pro-rata-temporis-Grundsatz).
Mit dem obigen Urteil ist nunmehr auch auf nationaler Ebene Rechtssicherheit eingekehrt. Das BAG hat entschieden, dass die Kürzung des Urlaubsanspruchs bei Kurzarbeit Null rechtmäßig ist und schließt sich somit der Ansicht des EuGHs an. Das BAG argumentiert, dass der kurzarbeitsbedingte Ausfall ganzer Arbeitstage eine unterjährige Neuberechnung des Urlaubsanspruchs rechtfertige, da die ausgefallenen Arbeitstage weder nach nationalem Recht noch nach Unionsrecht Zeiten mit Arbeitspflicht gleichzustellen sind.
Voraussetzung für die Berechtigung zur Kürzung ist allerdings, dass die Kurzarbeit auch rechtswirksam eingeführt worden ist. Die Anforderungen für die Einführung von Kurzarbeit sind hoch. Ist in der entsprechenden Vereinbarung zur Kurzarbeit nicht die zeitliche Dauer genannt und fehlen Regelungen zum Umfang der Kurzarbeit, besteht ein hohes Unwirksamkeitsrisiko.
Parallel zu dem vorgenannten Urteil erkannte das BAG in einer weiteren Entscheidung (Urt. v. 30.11.2021, Az.: 9 AZR 234/21), dass diese Grundsätze auch dann Anwendung finden, wenn die Kurzarbeit wirksam aufgrund einer Betriebsvereinbarung eingeführt worden ist.